Gewalt kann auch in diesem Konflikt kein Mittel für eine Lösung sein. Die Methoden der Hamas auch Zivilist_innen zu töten und in den Konflikt einzubeziehen sowie Geiseln zu nehmen lehne ich genauso strikt ab, wie die Politik der derzeitigen israelischen Regierung, samt Angriffen auf Zivilist_innen und die vollständige Blockade des Gazastreifens.
Der Angriff auf Israel findet nicht im luftleeren Raum statt, er ist vielmehr eine Reaktion auf jahrzehntelange Unterdrückung und die Zuspitzung der Situation durch die derzeitige ultrarechte Regierung Israels sowie ständige Provokationen durch radikale Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung. Jetzt kommt es zu einer Zuspitzung der Tragödie eines nun 75 Jahre andauernden unausgesprochenen Krieges in Palästina. Die tägliche Gewalt der Siedler, die Gewalt der Armee, die nachts die Kinder aus den Betten holt, die Familien aus ihren Häusern vertreibt und diese zerstört, eine Justiz, die ohne Anklage ihre Opfer in Administrativhaft der Militärgefängnisse steckt, der permanente Landraub und die Vertreibung der Menschen aus ihren Ortschaften hat zur Verelendung und Traumatisierung der Menschen geführt.
Entwicklungen, die eine Annäherung von einzelnen arabischen Staaten und Israel anbahnen und die Interessen der Palästinenser dabei übergehen, sowie die gewaltsame Besatzungspolitik der derzeitigen Netanjahu-Regierung, die seit Jahresbeginn etwa 300 palästinensische Todesopfer im Westjordanland forderte, sind der Hintergrund der Angriffe. Erst Ende letzter Woche hatten israelische Siedler unter dem Schutz der Armee die Kleinstadt Huwara angegriffen und einen 16jährigen getötet. Der israelische Finanzminister Betalel Smotrich kündigte an, die Stadt auslöschen zu wollen.
Dass die deutsche Außenministerin eine der ersten ist, die in einer solchen Situation Israel als Kriegspartei die uneingeschränkte Solidarität verspricht, ist anhand ihrer Einstellung nicht verwunderlich, führt jedoch absehbar nur zur weiteren Eskalation. Jenseits des Völkerrechts wird es keine Lösung geben. Die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik israelischer Regierungen seit 1967 hat immer wieder zu Gewaltausbrüchen zwischen den Konfliktparteien geführt. Der Konflikt kann nur durch die zuletzt 2015 von der UN in einer Resolution bestätigte Zwei-Staaten-Lösung entschärft werden. Das wird jedoch von Seiten der israelischen Regierungen immer wieder blockiert.
Netanjahu hat nun einen langen Krieg und die Vertreibung aller Palästinenser_innen aus dem Gazastreifen angekündigt, die Armee hat ein Bombardement des Gazastreifens begonnen, die Regierung hat den Menschen den Strom und die Wasserversorgung abgedreht, die Lebensmittelversorgung unterbunden und den Import aller Güter inklusive Kraftstoff blockiert. Die UN haben Israels Regierung vor einer solchen vollständigen Abriegelung des Gazastreifens gewarnt, da dies völkerrechtlich verboten ist. Absehbar ist, dass dadurch zahlreiche Menschen an Hunger und mangelnder Versorgung sterben. Das muss auf jeden Fall verhindert werden.
Ich betone, dass sich meine Kritik gegen die rechte israelische Regierung und nicht gegen die jüdische Bevölkerung des Landes richtet. In Israel selbst gab es in den letzten Monaten massive Proteste gegen die Regierungspolitik. Zudem sind viele Menschen im Land nicht mehr bereit sich in dem Konflikt gegen die Palästinenser_innen instrumentalisieren zu lassen und sich in einen nächsten sinnlosen Krieg schicken zu lassen.
Die US-Marine hat einen Flugzeugträger in die Region geschickt, die Bundesregierung 6 Tornados. Nun soll ein angeblich lange geplantes Manöver in Jordanien stattfinden. Ein solches Vorgehen heizt den Konflikt unnötig an. Sollte das israelische Militär versuchen in den Gazastreifen einzumarschieren, werden Kräfte wie Hisbollah und radikale Gruppen in den Nachbarstaaten in den Konflikt eingreifen. Darauf würden dann die Israelische Regierung und die NATO-Staaten reagieren. Die Gefahr besteht dass im gesamten Mittleren Osten ein Krieg entfacht wird.
Hilfreich wäre wenn die Bundesregierung, die EU und die UN die Konfliktparteien insgesamt zur Zurückhaltung und zur Einstellung der Kampfhandlungen aufrufen würden. Auf Ebene der UN sollte eine Verhandlungslösung auf Grundlage der von der UN selbst beschlossenen Zweistaatenlösung in die Wege geleitet werden. Der im Koalitionsvertrag festgelegte Vorsatz, sich für diese Zweistaatenlösung einsetzen zu wollen, muss ebenfalls endlich umgesetzt werden. Nur auf Grundlage von Verhandlungen kann das Leben von Geiseln gerettet und weiteres Töten in grenzenlosem Ausmaß verhindert werden.
Die Sicherheit Israels und die Menschenrechte der Palästinenser_innen können erst dann gewährleistet werden, wenn eine ausgehandelte Zwei-Staaten-Lösung umgesetzt ist.
Wer sich gegen eine weitere Eskalation im Nahen Osten einsetzen will, sollte zudem versuchen die deutschen Waffenexporte und die Entsendung von Militär in die Region zu stoppen.