In einem Bericht der israelischen Zeitung Haaretz vom Dienstag den 5. Dezember wird Folgendes berichtet:
Wenige Stunden vor dem Angriff der Hamas auf die Gäste des Nova-Festivals am Morgen des 7. Oktober sind Führungspersonen israelischer Geheimdienste und des Militärs mit Nachdruck vor der Möglichkeit bevorstehender Anschläge in dem Gebiet gewarnt worden. Auch der unmittelbar für die Sicherheit des Festivals verantwortliche Oberst ignorierte die Warnungen und ließ die Organisatoren des Festivals im dunkeln, woraufhin Hunderte Partygänger getötet und Dutzende nach Gaza verschleppt wurden.
Die Warnungen basierten dem Bericht zufolge auf verschiedenen Militär- und Geheimdienstquellen, die ungewöhnliche Aktivitäten in der Nähe des Grenzzaunes meldeten. Unter anderen wurden der Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Herzi Halewi, der Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, sowie der Kommandeur der nördlichen Brigade der Gaza-Division, Oberst Haim Cohen, der am 5. Oktober die Genehmigung des Nova-Festivals unterzeichnet hatte und für dessen Schutz verantwortlich war, über die Warnungen in Kenntnis gesetzt und wussten auch von den Dringlichkeitstreffen in jener Nacht. Niemand von ihnen zog Konsequenzen für das Festival oder informierte auch nur dessen Sicherheitsteam. Hätten die Organisatoren „auch nur eine Stunde vor dem Angriff eine Warnung von der Armee erhalten“, hätten „alle Partygäste rechtzeitig“ evakuiert werden können, gibt Haaretz das Nova-Team wieder. Am Ende wurden 360 Gäste getötet und 40 weitere in den Gazastreifen entführt. Die ersten israelischen Soldaten trafen neun Stunden später auf dem Gelände ein.
Die Neue Züricher Zeitung zitiert Haaretz mit folgendem Bericht:
„«Wir haben alle Kibbuz-Bewohner ermordet.» So beendete ein Hamas-Führer eine Übung der Terrormiliz im Gazastreifen – vier Monate vor dem Massaker in Israel am 7. Oktober. Eine Unteroffizierin des israelischen Militärgeheimdiensts hörte dieses Gespräch des Hamas-Führers mit und gab die Information an ihre Vorgesetzten weiter, wie die Zeitung «Haaretz» berichtet. Ihre Warnungen wurden jedoch ignoriert. Wie so viele andere auch.“ (…) „Schliesslich existierten neben den öffentlich zugänglichen Hinweisen und den Berichten der eigenen Soldatinnen auch noch Warnungen aus dem Ausland. Ein ägyptischer Geheimdienstmitarbeiter sagte der «Times of Israel» nur zwei Tage nach dem Angriff der Hamas, dass Kairo Israel vor einem Angriff der Islamisten gewarnt habe.
Dies bestätigte einen Monat später der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im amerikanischen Repräsentantenhaus, Michael McCaul. Am 10. November sagte der Republikaner: «Wir wissen, dass Ägypten die Israeli drei Tage vorher warnend darauf hingewiesen hat, dass so etwas passieren könnte.» Laut McCaul geht aus amerikanischen Quellen auch hervor, dass der Angriff bis zu einem Jahr im Voraus geplant worden war. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bestritt aber, von Kairo gewarnt worden zu sein. Anderslautende Berichte seien «Fake News».“
In Anbetracht dieser Berichte ist fraglich warum die Netanyahu Regierung und die Armee diese Warnungen nicht ernstnahmen? Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Tötung von Zivilist_innen und Einheiten des Militärs billigend in Kauf genommen wurde, um eine Rechtfertigung für einen Angriff auf den Gazastreifen zu bekommen. Wenn ein derart professioneller Apparat von Geheimdiensten und Militärs, wie er in Israel besteht, die Hamas derart unterschätzt und vielfache Warnungen eigener Soldaten und anderer Geheimdienste nicht richtig auswerten konnte, wäre das schon sehr verwunderlich.
In einem weiteren Artikel der Jungen Welt heißt es:
„Das Projekt eines Ben-Gurion-Kanals kam mit den »Abraham-Abkommen« zwischen Israel auf der einen und Marokko, dem Sudan, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf der anderen Seite wieder auf den Tisch. Im April 2021 erklärte die israelische Regierung, man wolle im Juni 2021 mit dessen Bau beginnen. Allerdings ist der Gazastreifen mit der dort regierenden Hamas ein ernstes Hindernis für das Projekt, denn der Kanal soll vom Golf von Akaba nahe der Grenze zwischen Israel und Jordanien am Gazastreifen vorbei – am direktesten und kostengünstigsten aber durch die palästinensische Enklave – bis zum Mittelmeer führen.
Zwei Wochen vor dem 7. Oktober hielt Israels Premier Benjamin Netanjahu vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Karte des von ihm angestrebten »Neuen Nahen Ostens« hoch. Demnach soll sich ein westlich kontrollierter Wirtschaftskorridor von Indien über die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Jordanien, Israel – die palästinensischen Gebiete existierten auf der Karte nicht – schließlich bis nach Europa erstrecken. Ein Projekt, das ganz im Interesse der USA wäre, die den wachsenden Einfluss der BRICS-Staaten und die Entstehung einer multipolaren Weltordnung verhindern wollen.“
Ich verurteile die Angriffe der Hamas auf Zivilist_innen aufs schärfste, ebenso wie die Entführungen. Genauso verurteile ich die Angriffe der israelischen Armee auf den Gazastreifen, der durch die anhaltende Bombardierung schrittweise dem Erdboden gleich gemacht wird. Dabei starben mittlerweile mehr als 20000 Menschen, davon 2/3 Frauen und Kinder. Mehr als 1,5 Millionen Menschen wurden vertrieben.
Sollte sich herausstellen, dass bei diesen Angriffen auch der Bau eines Kanals ein Hauptmotiv ist, wäre das eine zynische aber „logische“ Erklärung für das Vorgehen der Regierung Nethanjahu. Das Vorgehen an sich ist völkerrechtswidrig und ein weiterer menschenverachtender Akt der Durchsetzung geostrategischer Ziele ohne Rücksicht auf Menschenleben, mit den Konsequenzen einer weitreichenden Destabilisierung der gesamten Region. Eine internationale Kommission unter Verantwortung der UNO sollte das gesamte Geschehen, die Hintergründe und die o.g. Berichte untersuchen.
Ein sofortiger Waffenstillstand wie die UN ihn fordert, ist der erste notwendige Schritt, um das Leben der Menschen in Israel und Palästina zu schützen.