Nachdem die Linksfraktion am 10. April einen Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission (Drs. 20/3754, siehe Anlage) zur nachhaltigen Stärkung der Daseinsvorsorge für Kinder und Jugendliche eingereicht hat, haben sich die Fraktionen von CDU, SPD, GAL und FDP darauf geeinigt, einen Sonderausschuss zur Aufarbeitung des Todes von Chantal zu beantragen. Ein Sonderausschuss dient jedoch vor allem der einzelfallbezogenen Aufklärung, DIE LINKE fordert hingegen eine grundsätzliche Reform der Kinder- und Jugendhilfe nach einer grundsätzlichen Bestandsaufnahme durch eine Enquete-Kommission.
„Die Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg liegt im Argen – das ist nicht erst seit dem Skandal um den Tod des Pflegekinds Chantal deutlich geworden“, sagt Mehmet Yildiz, kinder-, jugend- und familienpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Deshalb brauchen wir eine grundsätzliche Bestandsaufnahme zur Lage der Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt von unabhängiger Seite – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände in den einzelnen Stadtteilen. Die bestehenden Defizite in Kinder- und Jugendhilfe müssen systematisch aufgearbeitet werden, damit sich in Zukunft solche traurigen Todesfälle vermeiden lassen.“
Unklare Zuständigkeiten, überforderte Behörden-Mitarbeiter, fehlende öffentliche Mittel und die fatalen Auswirkungen der Privatisierungen der vergangenen Jahre sind nur einige Probleme, die im Zuge der Aufarbeitung des Todesfalls öffentlich geworden sind. Dass sich die Situation zukünftig noch verschärfen wird, zeigt sich in der Ankündigung des Senats, in der Offene Kinder- und Jugendarbeit massiv kürzen zu wollen. Anstatt die strukturellen Probleme anzupacken, kürzt der Senat die Zuwendungen der Fachbehörde und bei den Bezirken in Höhe von rund 10 Prozent mit einem Gesamtvolumen von bis zu 49 Mio. Euro mit dem Argument Schuldenbremse.
Die Unterschiede in den Lebenswelten der Hamburger Kinder und Jugendlichen sind je nach sozialem Umfeld groß, damit konzentrieren sich Problemlagen in benachteiligten Quartieren. Die Privatisierung der Jugendhilfe hat dazu geführt, dass ein riesiger Markt an privaten Anbietern entstanden ist. Der offensichtliche Konkurrenzdruck hat zu qualitativen Abstrichen geführt, die sich in der Leistungsvergabe an ökonomischen Zwängen und nicht nach individuell passenden Hilfen orientieren. Auch im Allgemeinen Soziale Dienst (ASD) herrscht eine hohe Überlastung. Hohe Fluktuationen, unbesetzte Vollzeitstellen, belastende Arbeitsbedingungen und ein hoher Krankheitsstand erschweren die Arbeit massiv. Ausdruck sind die Überlastungen in den Dienststellen. In diesem Kontext sind auch die vielen Schnittstellen im System zu diskutieren. Sie führen zu einer Häufung von Fehlern zum Beispiel in der Übergabe von Fällen zwischen Behörden und privaten Trägern.