Knapper Wohnraum in den Großstädten ist seit einigen Jahren in aller Munde. Vor allem in Ballungszentren wie Hamburg oder München ist der Wohnungsmarkt extrem angespannt. Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen sind mittlerweile die Regel. Seit Jahren versuchen Aktivistinnen und Aktivisten wie das Bündnis „Recht auf Stadt“ darauf aufmerksam zu machen. Zu Recht weisen sie u.a. auf die hohe Zahl an Leerständen von Immobilien hin.
Profitgier statt Recht auf Wohnen: Leerstand bekämpfen
„Halb Hamburg steht leer“ ist von kein unbekannter Slogan mehr. Zieht man verschiedene Quellen heran, ergibt sich ein Leerstand bei gewerblichen Flächen zwischen 684.000 und 700.000 Quadratmetern.
Doch weshalb ist das so?
Die Antwort hat finanzielle und steuerrechtliche Gründe: Immobilienbesitzer erzielen durch gewerbliche Flächen deutlich höhere Nettokaltmieten, als es bei Wohnimmobilien der Fall wäre. Und selbst wenn kein Mieter gefunden wird, so lohnt sich der Leerstand eher als die Vermietung oder die Umwandlung in Wohnraum, weil die steuerliche Absetzbarkeit lukrativer ist. Dieses Geschäftsmodell ist – trotz Reformen wie der Mietpreisbremse (die, wie wir wissen, nicht für Abmilderung gesorgt hat) – gesetzlich so gewollt. Anders als bei Wohnraum besteht zudem keine Verpflichtung, den Raum zu vermieten. Gepaart mit dem Neubau weiterer Gewerbeflächen entsteht ein explosiver Sprengstoff für die Bezieherinnen und Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen. Eine sofortige Möglichkeit wäre, leer stehende Flächen notfalls zu beschlagnahmen und in Eigenregie in Wohnfläche umzuwandeln. Die entsprechenden Forderungen sollten gesetzlich geregelt werden, um eine bindende Wirkung erzielen zu können.
Besonders pikant: Zusätzlich zu den ungenutzten Gewerbeflächen stehen in Hamburg 2.372 Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von 90.000 Quadratmetern leer.1 Die SAGA-GWG spielt dabei eine unrühmliche Rolle: Wie aus einer Anfrage der LINKEN an den Senat hervorgeht, stehen zur Zeit 1.021 stadteigene Wohnungen leer, während die Obdachlosigkeit weiter steigt .2 Erschwert wird die Situation dadurch, dass etwa 4.500 Wohnungen illegal als Ferienwohnungen an Städtereisende vermietet werden. Zwar ist es jetzt schon möglich, hier hohe Bußgelder zu verhängen, allerdings passiert das in den seltensten Fällen, da die Ämter für den Vollzug kaum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben.3
Es wird also deutlich, dass es ein ungenutztes Potenzial an Wohnmöglichkeiten gibt, das kurz- und mittelfristig die Wohnungsnot mildern könnte.
Soziale Spaltung der Stadtteile wird gefördert
Seit Jahren werden Stadtteile und Orte wie Billstedt, Mümmelmannsberg oder Steilshoop vom Wohlstand abgehängt.
Dies hat nicht nur ökonomische Hintergründe, vielmehr wird diese Entwicklung durch die Stadtentwicklungspolitik des Senates gefördert, zum Beispiel durch seine Verkehrspolitik.
So zeigt sich an der Hafen-City: Während hier für nicht einmal 3.000 mehr oder weniger wohlhabende Einwohner/innen eine U-Bahn gebaut wird, deren Sinn fragwürdig ist, warten 20.000 Steilshooperinnen und Steilshooper seit einem halben Jahrhundert auf eine versprochene U-Bahnanbindung. Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, von dem die Idee der HafenCity stammt, bezeichnete den vollkommen sinnlosen Tunnelbau vom Jungfernstieg bis zur Hafencity als „Liebedienerei“ gegenüber den Investoren.4 Die Kosten dieses „Stummelprojekts“ betrugen insgesamt 326 Millionen Euro (kalkuliert waren 255 Mio.) – eine Stadtbahn wäre deutlich billiger gewesen.5
Globale Ursachen – lokale Folgen: Katastrophale Unterbringung
Durch eine imperialistische Außenpolitik Deutschlands, Europas und den USA werden Kriege um Ressourcen und Rohstoffe geführt.
Dadurch werden hunderten Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage entzogen, nur damit die Profitinteressen des neoliberalen Blocks und der globalen Unternehmen bedient werden.
Konflikte werden durch den Waffenexport weiter angeheizt. Die Fluchtbewegungen sind die Konsequenz des ökonomischen und ökologischen Raubes und der damit verbundenen Kriege. Statt friedenspolitische Strategien umsetzen, werden die eigenen Grenzen immer stärker abgeschottet, in Europa z.B. durch die gemeinsame Grenzschutzagentur FRONTEX.
Auch in Hamburg wird die Frage nach der Unterkunft bzw. der dauerhaften Unterbringung der Geflüchteten zu einem Politikum. Die Situation der Flüchtlinge rückt in den Vordergrund, hauptsächlich durch Meldungen über überfüllte und schlecht ausgebaute Zwischenunterkünfte in Baumärkten oder Lagerhallen.
Anstatt leer stehende Büroräume oder stadteigene unbewohnte SAGA-Wohnungen zur Verfügung zu stellen, sucht der Senat leere und marode Baumärkte als Unterkunft aus und ist damit verantwortlich für die menschenunwürdige Unterbringungssituation der Geflüchteten und Wohnungslosen.
Durch Sammelunterkünfte werden auch die negativen Vorurteile in der Bevölkerung gegenüber diesen Gruppen weiter angefacht und geschürt, da sie in schäbigen Unterkünften zusammengepfercht am Stadtrand leben müssen. Solche Unterbringungsformen ohne private Rückzugsmöglichkeiten sind gerade für traumatisierte Flüchtlinge problematisch.
Die Verteilung der Geflüchteten müsste dezentral und menschenwürdig stattfinden, anstatt sie geballt in Siedlungen in den Randbezirken unterzubringen, wie dies SPD und Grüne derzeit betreiben. So kann Integration nicht gelingen.
Die Gefahr steigender Ressentiments
Die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ hat innerhalb einer Woche knapp 26.000 Unterschriften sammeln können und führt so dem regierenden Senat sein Versagen bei Planung, Koordinierung und Unterbringung der Flüchtlinge vor Augen.
Gleichzeitig ist es ein eindeutiges Warnsignal an alle zivilgesellschaftlichen Kräfte, denn aus der Volksinitiative – oder zumindest aus Teilen ihren Befürwortern – könnten künftig zunehmend ausländerfeindliche Parolen laut werden.
In Hamburg muss aufgepasst werden, dass zukünftig aus solchen Initiativen nicht der Leitspruch „Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?“ hervorgebracht wird, wie zuletzt 1999 in Hessen bei der Reform der doppelten Staatsbürgerschaft.
Um genau solche Entwicklungen entgegenzuwirken, sollten die politisch Verantwortlichen mit einer konsequenten Stadtteilplanung den akuten Leerstand und die Frage nach einer menschenwürdigen Unterbringung der Flüchtlinge beantworten. Auf gleiche Weise könnten die einheimischen Wohnungslosen untergebracht werden.
Ein soziales und solidarisches Hamburg ist möglich!
Ein soziales und solidarisches Hamburg für alle ist möglich. Der Senat beteuert, dass die Haushaltslage der Stadt zu angespannt sei, um neue Ideen in der Stadtentwicklung zu verwirklichen. Doch dem ist nicht so, wenn man bedenkt, dass für Prestigeveranstaltungen wie Olympia und den G20 Gipfel doch Hunderte von Millionen Euro zu Verfügung stehen. Im Gegenteil: Im letzten Jahr gab es zusätzlich 500. Mio. Euro Steuermehreinnahmen.6
Wie nicht zuletzt die ASH-Nordbank zeigt, ist Geld genug vorhanden, der politische Wille fehlt.
Ziel muss sein, die sozialkulturelle Infrastruktur in allen Bezirken zu fördern, um so ein Zusammenleben aller gesellschaftlichen Gruppen und Milieus in den Stadtteilen zu ermöglichen.
Sportpolitik ist Integrationspolitik
Ein wichtiger Aspekt der zukünftigen Entwicklung gerade in den von Flüchtlingen bevorzugten Stadtteilen ist das Vorhandensein einer intakten Sportinfrastruktur. Durch die Sportvereine in den Stadtteilen wird die Möglichkeit geschaffen, seine Nachbarn und ArbeitskollegInnen auf Augenhöhe zu begegnen und vorurteilsfrei Sport gemeinsam zu treiben.
Der „Master Plan Active City“ reicht trotz gegenteiliger Behauptungen des Senates nicht aus, um den Sanierungsbedarf der Vereine gerecht zu werden. So werden bis 2030 bis zu 30.000 neue Sporttreibende in Hamburg erwartet. Mit der aktuellen Sportinfrastruktur werden diese wohl kaum in Vereinen finden, denn schon jetzt verfügen immer mehr Sportvereine einen Aufnahmestopp. Alleine der ETV Eimsbüttel kann derzeit 454 Kinder im Kindersportbereich keinen Platz anbieten. Es fehlen schlicht und einfach Sportplatzkapazitäten.
Dabei entstehen zurzeit viele neue „Quartiere“ oder ganze Neubauviertel in Hamburg: Neue – Mitte – Altona, der Vogelkamp in Neugraben oder in Sandbeck-West (Fischbeker Reethen), Kleiner Grasbrook, „Die neue Gartenstadt“ in Billstedt. Wenigstens bei diesen Neubauprojekten hätte der Senat zeigen können, dass ihm die Sportinfrastruktur ein zentrales Anliegen ist.Er hat diese Gelegenheiten aber nicht genutzt. Bestes Beispiel ist die Hafencity, wo es nun nicht mehr genügend freie Flächen gibt, um einen Liga-tauglichen Großfeldplatz zu bauen, was bereits zu großem Unmut führte. Wir fordern daher den Senat auf, die Sportinfrastruktur bei neuen Quartieren oder größeren Bauvorhaben die Sportinfrastruktur verpflichtend mitzuplanen, auch um den künftigen Bedarf an Sporttreibenden gerecht zu werden.
Öffentlicher Personennahverkehr als Grundlage sozialer Mobilität
Im Bereich der Wohnungsqualität, Kultur, Bildung, Gesundheit und des ÖPNV muss es wirksame Investitionen geben. Fortschritte in diesen Bereichen sind die Grundlage des sozialen Miteinander.
Lebensqualität heißt, dass Stadtteile wie Osdorfer-Born oder Steilshoop, die seit fast 50 Jahren auf eine Bahnanbindung warten, endlich eine solche durch den Bau einer Stadt- oder U-Bahn erhalten.
Auch Stadtteile wie Wilhelmsburg oder Harburg warten seit langen auf bessere ÖPNV-Frequenzen, im Moment sind dort die meisten Busse und Bahnen überfüllt.Projekte des öffentlichen Nahverkehrs müssen unter Beteiligung der Bürger endlich in Angriff genommen werden. Gleichzeitig müssen die Preise für den ÖPNV spürbar gesenkt werden.
Soziale Schere auch in der Bildungspolitik
Die soziale Spaltung im Bereich der Bildung findet auch in der Stadtplanung ihren Niederschlag. Zwei Beispiele: Im kinderreichen Stadtteil Billstedt (70.000 Einwohner/innen) gibt es lediglich ein Gymnasium. Im wohlhabenden Blankenese (18.000 Einwohner/innen) dagegen zwei. Ähnlich in Wilhelmsburg (53.000): Hier gibt es immerhin ein Gymnasium und eine Stadtteilschule, während im 14.000-Seelen-Stadtteil Othmarschen satte drei Gymnasien zur Auswahl stehen.7 Diese Beispiele sollten nicht als Plädoyer für mehr Gymnasien verstanden werden, vielmehr machen sie deutlich, dass schon der Wohnort einen Segregationsfaktor in Bezug auf Bildung darstellt.
Reichtumsverteilung in Hamburg: Ein Armutszeugnis
Betrachtet man das durchschnittliche Einkommen in den Stadtteilen, wird klar, dass die im Hinblick auf die soziale Infrastruktur benachteiligte Quartiere das niedrigste Einkommen aufweisen.
In Billstedt etwa beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen 21.705 €, in Steilshoop 21.593 €, in Wilhelmsburg 20.098 €. Zum Vergleich liegt der durchschnittliche Verdienst in Blankenese bei 101.406 € und in Othmarschen bei 104.692 €.8 Gezielte Investitionen in Stadtteilen mit niedrigen und mittleren Einkommen würden zwar nicht monetäre Veränderungen im Einkommen bewirken, zumindest aber ein „Abdriften“ benachteiligter Stadtteile stoppen. Die Politik des Senates bewirkt das Gegenteil.
Gesundheit für alle
Ein ähnliches Versagen im Bereich der Gesundheitsversorgung lässt sich beispielsweise im kinderreichsten Stadtteil Mümmelmannsberg feststellen: Für 18.500 Bewohner/innen steht lediglich ein Kinderarzt zur Verfügung, der erst vor kurzem die Arbeit aufgenommen hat. In Blankenese (13.000 Einwohner/innen) stehen drei Kinderärzte zur Verfügung. Diese Situation kann lebensbedrohlich werden: Zwar ist wissenschaftlich widerlegt, dass Menschen mit niedrigem Einkommen häufiger ihre Kinder misshandeln , allerdings ist es schon bedenklich, dass die meisten Kindeswohlgefährdungen der letzten Jahre durch die Lebensbedingungen unter Armut in benachteiligten Stadtteilen stattfanden. Eine enge Kooperation von gut ausgestatteten Gesundheitseinrichtungen mit einer niedrigschwelligen Jugend- und Familienhilfe ist dringend geboten.
Bezahlbares Wohnen für alle: Endlich echte Wohnungsbauoffensive starten
Ziel ist, allen Menschen unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten angemessenen Wohnraum zu verschaffen und zu sichern. Aber das Gegenteil passiert: Die elitäre Stadtteilpolitik führt zu einer sozialen Segregation .
Fast jede/r zweite Bürger/in in Hamburg ist berechtigt, eine Sozialwohnung zu mieten, während gleichzeitig deren Bestand sinkt. Hauptgrund ist der Wegfall der Sozialbindung. Daher ist in den kommenden Jahren eine sozialpolitische Wohnungsbauoffensive notwendig, die diesen Namen verdient, denn bereits jetzt wird der vom Senat propagierte „Drittelmix“ – ein Drittel Eigentum-, ein Drittel freifinanzierter und ein Drittel sozialer Wohnungsbau – zum einen weder eingehalten, noch ist er ausreichend, denn 2017 werden nur noch ca. 63.000 Wohnungen mit Sozialbindung vorhanden sein.9Folglich müsste der Senat mindestens 50 % der Neubauwohnung öffentlich fördern.10
Von Wien lernen heißt siegen lernen
Die Wohnungsbaupolitik in Wien zeigt eine eindrucksvolle Alternative auf. Momentan gehören der Stadt Wien 200.000 Wohnungen, weitere 220.000 hat sie finanziell gefördert.
Dadurch leben 2/3 der Wiener Bevölkerung in sozial geförderten Wohnungen bzw. einer Gemeindewohnung. Die Nettokaltmieten liegen hier zwischen 3 und 10 Euro pro Quadratmeter, private Wohnungsvermieter verlangen das Doppelte.
Die Gemeinde Wien fördert diese Wohnungsbaupolitik mit jährlich 600 Mio. Euro. Damit liegt der Etat von Wien gemessen an den Ausgaben sogar höher als vom gesamte Bund.
2015 investierte die Hansestadt lediglich 171 Mio. Euro für den sozialen Wohnungsbau.11
Das Wiener Modell gilt europaweit bei Sozialpolitiker/innen als voller Erfolg., „Problemviertel“ und Diskriminierung gibt es kaum. Michael Ludwig, Wiener Stadtrat, sagt mit Blick auf andere europäische Metropolen:
„Die Adresse soll nicht Auskunft geben, was wer verdient, was man sich leisten kann und da gibt es durchaus Beispiele in anderen europäischen Städten, die für mich nicht nachahmenswert sind.“12
Durch den Ausbau der sozialen Infrastruktur wären diese sozial geförderten Wohnungen auch für die Mittelschichten interessant, was wichtig für eine vielfältige und bunte Zusammensetzung der Viertel wäre.
Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass sich in diesen Vierteln alle Bevölkerungsschichten begegnen und voneinander lernen könnten. Erst ein gemeinsamer Alltag beim Einkaufen, in Kneipen und Cafés und Begegnungen in Kulturstätten, Parks und Schulen ermöglichen eine ernsthafte und dauerhafte Integration und Inklusion.
Die Situation der Flüchtlingsunterkünfte
Zwar hätte mit dem „Gesetz zur Sicherung der Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen“ die Stadt befristet bis März 2017 leer stehende Gewerbeimmobilien beschlagnahmen können. Statt dessen zog es der Senat vor, auf alte Baumärkten und leer stehende Lagerhallen zurückzugreifen
.13
Die Praxis des Senats, freie Flächen an Investoren zu verkaufen, die diese dann nutzen, um provisorische Unterkünfte für die Geflüchteten zu bauen, ist kurzsichtig und stellt einen falschen politischen Lösungsansatz dar. Diese Unterkünfte sollen 10 bis 15 Jahre genutzt werden, ehe sie abgerissen werden.
Dann sollen erst „dauerhafte“ Wohnungen entstehen. Diese Politik nutzt nur den Investoren und hat mit einer dauerhaften, sozialen Wohnungspolitik nichts zu tun.
Eine solche Wohnungs- und Migrationspolitik kann Ghettos erzeugen , da die Geflüchteten gesammelt und am Rand der Stadt alleine gelassen werden.
Dort wurde der Bürgermeister Leoluca Orlando mit überragenden 74% gewählt. Einer seiner Forderungen war die angemessene und dezentrale Verteilung der Geflüchteten.
Palermo hat in den letzten beiden Jahren 400.000 Geflüchtete untergebracht und dies finanziell auch bewältigt, obwohl der Haushaltsetat in Italien generell und vor allem in Sizilien angespannt ist.
Orlando und der Stadtverwaltung ist es gelungen, 400.000 Menschen dezentral in Unterkünften und Wohnungen unterzubringen, in denen maximal 30 Geflüchtete zusammenleben.
Dies ist ein Beispiel für eine menschenwürdige Unterbringung, die darüber hinaus die Geflüchteten nicht an die Randbezirke drängt, sondern sie in die sizilianische Gesellschaft einbezieht.
In Hamburg dagegen fiel den regierenden Senat nichts besseres ein als Sammelunterkünfte an den Stadträndern zu bauen.
Stadtteilplanung durch Investoren
Seit die Olympiabewerbung gescheitert ist, wird offensichtlich, dass Stadtteilplanung „privatisiert“ und „outgessourcet“ werden soll. Stadtteilpolitik wird den Investoren und Spekulanten überlassen.
Ein Beleg für die Kurzsichtigkeit dieser Politik ist das Bebauungsbeispiel an der Osterfeldstraße 8 bis 16.
In der ersten Bauphase sollen 175 Wohneinheiten geschaffen werden, anschließend weitere 310 Einheiten. Insgesamt werden dann temporär 2400 Menschen untergebracht werden. Die Nutzungsdauer wird bei maximal 15 Jahren liegen. Anschließend haben der Investor und Bauherr, in diesem Fall Maas & Raffay, freie Hand, wie das Grundstück genutzt werden soll.14
Dabei werden nun auch Flächen verkauft bzw. bebaut, die zuvor aus baurechtlichen Gründen (etwa Naturflächen oder als verunreinigt geltenden Flächen) nicht genutzt werden durften. Durch die Kurzunterbringung von Flüchtlingen werden diese Bauflächen unter Wert verkauft, der bestehenden Bebauungsstandart gesenkt und so die noch wenigen Flächen an privaten Investoren verscherbelt.
Zudem werden innerstädtische Flächen zunehmend „aufgewertet“.
Stark betroffen davon sind Stadtteile wie etwa St. Georg. Der Hamburger Hauptbahnhof ist bis heute eine zentrale Anlaufstelle und Lebensmittelpunkt entwurzelter oder in Not geratener Menschen.
Hier zentrieren sich die sozialen Einrichtungen und Anlaufstellen wie etwa das KIDS (Anlausstelle für auf der Straße lebende Kinder) im damaligen Bieberhaus. Vorher im städtischen Besitz, nun an einen privaten Investor verkauft, musste das KIDS zunächst in Metallcontainer umziehen, bevor ein ein neuer Mietvertrag in ausreichender Nähe zum Hauptbahnhof zustande kam. Anwohnerinitiativen und soziale Akteure in Sankt Georg
setzten sich für eine soziale Stadteilentwicklung rund um den Hauptbahnhof ein, denn der Senat will weiterhin das Bahnhofsumfeld massiv aufwerten. Dafür soll der City-Hof verkauft und abgerissen werden, damit neue Büroflächen, frei finanzierte Wohnungen und ein Vier-Sterne Hotel entstehen können. Genau gegen diese immer offensichtlich werdende Kommerzialisierungslogik setzten sie sich zu Wehr, denn gerade rund um den Hauptbahnhof sollte es darum gehen, die soziale Infrastruktur zu stärken. 15
Somit gibt der Senat nicht nur das knappe Bauland aus der Hand, sondern verkauft wichtige innerstädtische Flächen, die zum Teil sozialen Trägern und Anlaufstellen zur Verfügung standen.
Um eine soziale, solidarische Stadt mit vielfältiger sozialer Struktur der Stadtteile geht es dem Senat nicht, vielmehr steht die Profitmaximierung im Vordergrund, nicht die Belange und Bedarfe der Menschen vor Ort und den Stadtteilanwohner.
Dieser Trend, die Stadtteilentwicklung privaten Interessen der großen Immobiliengesellschaften unterzuordnen, muss gestoppt werden.
Daraus ergeben sich für eine gerechte Stadtentwicklungspolitik folgende Forderungen und Vorschläge:
? Die 1.021 städtische Wohnungen müssen sofort für Wohnungslose und Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden.
? Die 2.372 leeren und die 4.500 illegalen „Ferienwohnungen“ müssen als dauerhafter Wohnraum genutzt werden.
? Teile des aktuellen Leerstandes an Büroflächen von 900.000 Quadratmetern muss in Unterkünfte umgewandelt und vorwiegend für die Unterbringung von Geflüchteten und Wohnungslosen genutzt werden.
? Die städtischen Freiflächen dürfen nicht an Investoren vergeben werden, um kurzfristige Profiinteressen zu befriedigen und kurzzeitige Unterbringungsmöglichkeiten für maximal 15 Jahre zu schaffen.
? Die städtischen Freiflächen sollen von der Hansestadt Hamburg genutzt werden, um städtische Wohnungen zu bauen, die bezahlbaren Mieten ermöglichen. Davon würden die Bewohner Stadt profitieren und nicht die privaten Investoren.
? Dafür sollen 10.000 bis 15.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden, mit einer jährlichen Fördersumme von bis zu 500. Mio. Euro. Damit soll vor allem Genossenschaften beauftragt werden sowie in neue Eigentumsformen ausprobiert werden, die Spekulationen unterbinden wie zum Beispiel das Mieter-Syndikat? Um dabei keine sozialen Brennpunkte entstehen zu lassen, muss neben dem sozialen Wohnungsbau auch die soziale Infrastruktur (Ärzte, Kultur- und Jugendeinrichtungen, Schulen, Kitas, Sportanlagen und ÖPNV etc.) der einzelnen Bezirke und Stadtteile weiter ausgebaut werden. Nicht das Einkommen darf für die Wahl des Wohnortes innerhalb Hamburgs entscheidend sein.