Mit viel Pathos hatte die SPD im Februar 2018 die konkreten Pläne für das gigantische Projekt Elbtower vorgestellt. Mit etwa 235 Metern und 65 Stockwerken soll der Tower nun das dritthöchste Hochhaus der Bundesrepublik werden.
Hauptprofiteur ist die Signa-Gruppe des österreichischen Immobilienspekulanten René Benko, gegen den gerade in Österreich wegen Bestechung in einem Steuerverfahren ermittelt wird. 2014 wurde er bereits wegen Korruption verurteilt. Welcher Investor würde so ein Prestigeprojekt bauen ohne irgend welche Kostenzusagen, zusätzliche Absprachen über weitere Projekte oder Garantien über Gewinne.
Das ist jedoch nicht dass einzige Problem.
1. Es fehlen noch immer Investoren für mehrere Hundert Millionen Euro für die Fertigstellung.
2. Im Genehmigungsverfahren hat die für die Stadtentwicklung und Wohnen zuständige Behörde völlig intransparent agiert und alle berechtigten Bedenken – egal ob in Bezug auf die Einhaltung der 30% garantierten Vorvermietung oder ob in Bezug auf die Bedenken der Deutschen Bahn, weggewischt. Die Bahn hatte im Baugenehmigungsverfahren bereits am 12. Mai 2021 eine Gesamtstellungnahme gegenüber der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen abgegeben und erhebliche Bedenken gegen den Bau des Turms direkt am Elbstrom geltend gemacht. Dabei ging es um die Gefahr von sogenannten Mitnahmesetzungen, von denen – teilweise erst Jahre nach der Rohbauerstellung des Elbtowers – erhebliche negative Auswirkungen auf die Bahnanlagen erwartet werden.Direkt neben der Baustelle liegt die erst vor wenigen Jahren errichtete moderne S-Bahnstation Elbbrücken.
Wie die Stadtentwicklungsbehörde mit dem Einspruch der Bahn umging, war nicht unbedingt souverän, um es freundlich zu sagen. Wir in Bürgerschaft erfuhren erst elf Monate später in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 31. August 2022 davon.
3. Der Bau des Elbtowers muss sofort gestoppt werden.
Ansonsten droht eine Wiederholung der Erfahrungen bei der Elbphilharmonie. Ein Investor verdient sich dumm und dämlich und die Steurzahler_innen bezahlen am Ende die Zeche.
Ich hatte auf die Grundproblematik bereits in der Debatte 2014/15 und im Rahmen der Olympiabewerbung Hamburgs hingewiesen. Die Planun gen für denn Kleinen Grasbrook sollten erst der Beginn sein um die Stadtplanung in größerem Ausmaß Investoren zu überlassen ohne an die sozialen und strukturellen Auswirkungen für die normale Bevölkerung zu denken. Es folgten dann die Pläne Strom Aufwärts an Bille und Elbe mit ebenfalls investorenfreundlicher Ausrichtung folgen.
Damals wollte allerdings meine damalige Fraktion nicht wirklich offensiv mit den Thema umgehen und bremste mich aus. Auch jetzt bewegt sich die Kritik der Linken wieder nur an der Oberfläche.
Wir brauchen ein grundsätzliches Umdenken.
Knapper Wohnraum ist in Hamburg ein großes Problem – und vor allem Wohnen zu bezahlbaren Preisen ist oft kaum mehr möglich. Der viel gepriesene Drittelmix ist eigentlich ein Aufbauprogramm für Eigentumswohnungen, da diese zu Anfang des Programms nur 26% ausmachten. Wir brauchen nicht immer mehr investorenfreundliche Großprojekte wie den Elbtower, sondern ein vernünftiges Programm für sozialen Wohnungsbau.
Momentan erzielen Immobilienbesitzer durch gewerbliche Flächen deutlich höhere Nettokaltmieten, als es bei Wohnimmobilien der Fall wäre. Und selbst wenn kein Mieter gefunden wird, so lohnt sich der Leerstand eher als die Vermietung oder die Umwandlung in Wohnraum, weil die steuerliche Absetzbarkeit lukrativer ist. Dieses Geschäftsmodell ist trotz Reformen wie der Mietpreisbremse, die kaum funktioniert, gesetzlich so gewollt. Anders als bei Wohnraum besteht zudem keine Verpflichtung, den Raum zu vermieten. Gepaart mit dem Neubau weiterer Gewerbeflächen entsteht so ein explosiver Sprengstoff für die Bezieherinnen und Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen.
Eine sofortige Möglichkeit zur Verbesserung der Lage wäre, leer stehende Flächen notfalls zu beschlagnahmen und in staatlicher Eigenregie in Wohnfläche umzuwandeln. Die entsprechenden Anforderungen daran sollten gesetzlich geregelt werden, um eine bindende Wirkung erzielen zu können.
Seit Jahren werden zudem Stadtteile wie Billstedt, Mümmelmannsberg Osdorfer Born oder Steilshoop vom Wohlstand abgehängt. Dies hat nicht nur ökonomische Hintergründe, vielmehr wird diese Entwicklung durch die Stadtentwicklungspolitik des Senates gefördert, zum Beispiel durch seine Verkehrspolitik. Das zeigt sich in der Hafen-City: Während hier für nicht einmal 3.000 mehr oder weniger wohlhabende Einwohner_innen eine U-Bahn gebaut wurde, deren Sinn fragwürdig ist, warten 20.000 Steilshooperinnen und Steilshooper seit einem halben Jahrhundert auf eine versprochene U-Bahnanbindung.
Selbst Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, von dem die Idee der HafenCity stammte, bezeichnete den vollkommen sinnlosen Tunnelbau vom Jungfernstieg bis zur Hafencity als „Liebedienerei“ gegenüber den Investoren. Wir sollten auch zum Ziel haben die sozialkulturelle Infrastruktur in allen Bezirken zu fördern, um so ein Zusammenleben aller gesellschaftlichen Gruppen und Milieus in den Stadtteilen zu ermöglichen.
Die Wohnungsbaupolitik in Wien zeigt eine eindrucksvolle Alternative auf. Momentan gehören der Stadt Wien 200.000 Wohnungen, weitere 220.000 hat sie finanziell gefördert. Dadurch leben 2/3 der Wiener Bevölkerung in sozial geförderten Wohnungen bzw. einer Gemeindewohnung. Die Nettokaltmieten liegen hier zwischen 3 und 10 Euro pro Quadratmeter, private Wohnungsvermieter verlangen das Doppelte. Das Wiener Modell gilt europaweit bei Sozialpolitiker/innen als voller Erfolg., „Problemviertel“ und Diskriminierung gibt es kaum.
Michael Ludwig, Wiener Stadtrat, sagt mit Blick auf andere europäische Metropolen: „Die Adresse soll nicht Auskunft geben, was wer verdient, was man sich leisten kann und da gibt es durchaus Beispiele in anderen europäischen Städten, die für mich nicht nachahmenswert sind.“
Davon sind wir in Hamburg meilenweit entfernt. Wir dürfen die Stadtteilpolitik nicht mehr den Investoren und Spekulanten überlassen.
Vernünftige Sofortmaßnahmen wären:
Sofortiger Stop des Baus des Elbtowers
Mehr als 1000 lehrstehende städtische Wohnungen müssen sofort für Wohnungslose und Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden.
Rund 2000 leere und 4.000 illegale „Ferienwohnungen“ müssen als dauerhafter Wohnraum genutzt werden können.
Teile des aktuellen Leerstandes an Büroflächen von 900.000 Quadratmetern muss in Unterkünfte umgewandelt und vorwiegend für die Unterbringung von Geflüchteten und Wohnungslosen sowie als Sozialwohnungen genutzt werden.
Die städtischen Freiflächen dürfen nicht an Investoren vergeben werden, um kurzfristige Profiinteressen zu befriedigen und kurzzeitige Unterbringungsmöglichkeiten für maximal 15 Jahre zu schaffen.
Die städtischen Freiflächen müssen von der Hansestadt Hamburg genutzt werden, um städtische Wohnungen zu bauen, die bezahlbaren Mieten ermöglichen.
10.000 bis 15.000 neue Sozialwohnungen mit unbefristeter Bindung sollen gebaut werden zusammen mit sozialkultureller Infrastruktur, mit einer jährlichen Fördersumme von rund 500. Mio. Euro. Damit sollen vor allem städtische Unternehmen ohne Profitorientierung und Genossenschaften beauftragt werden.
Um dabei keine sozialen Brennpunkte entstehen zu lassen, muss neben dem sozialen Wohnungsbau auch die soziale Infrastruktur (Ärzte, Kultur- und Jugendeinrichtungen, Schulen, Kitas, Sportanlagen und ÖPNV etc.) der einzelnen Bezirke und Stadtteile weiter ausgebaut werden. Nicht das Einkommen darf für die Wahl des Wohnortes innerhalb Hamburgs entscheidend sein.