Seit Monaten wird mit einer rassistischen Migrationsdebatte parteiübergreifend auf dem Rücken der Geflüchteten und Migrant_innen Rassismus geschürt. Dabei wird versucht die Migrant_innen und Geflüchtete für das Versagen der kapitalistischen Gesellschaft verantwortlich zu machen. Es wird so dargestellt, als ob mehrere Millionen Menschen vor Europas Grenzen warten würden, um in die EU zu gelangen und als ob Menschen ihre Liebsten und ihre Heimat freiwillig ohne Not oder aus wirtschaftlicher Gier verlassen würden, um in Länder in tausenden Kilometer Entfernung zu flüchten und dort einsam zu leben. Auch wird suggeriert, dass die Flüchtenden sich nach einem Leben im westlichen Ausbeutungssystem sehnen.
Fluchtgründe
Anstatt darüber zu diskutieren welchen Beitrag die geostrategisch motivierte neo-kolonialistische deutsche Außenpolitik dazu leistet, dass Millionen Menschen ihre Länder verlassen müssen, wird auf dem Rücken der Geflüchteten eine rassistische Debatte geführt. Deutschland verursacht Flucht durch Waffenexporte, die direkte oder indirekte Beteiligung an Kriegen (Ukraine, Jemen, Syrien), mit ungleichmäßigen Handelsbeziehungen mit Ländern im Globalen Süden (z.b. afrikanischen Ländern) oder durch EU-Subventionen, mit denen die Landwirtschaft in den dortigen Ländern kaputt gemacht wird. Beispiele hierfür sind die Subventionen für billige Milch-, Hähnchen- oder Fleischproduktion, durch deren Export in afrikanische Länder die dortige Produktion lahm gelegt wird oder die Plünderung der Meere durch Überfischung vor den Küsten Afrikas, durch die die dortigen Fischer ihre Lebensgrundlage verlieren. Dazu kommt die Ausbeutung der Rohstoffe wie z.b. Uran, Coltan, Diamanten, Gold, Gas, ÖL samt der Zerstörung der Umwelt und der Verhinderung des Erstarkens der dortigen Volkswirtschaften durch Knebelverträge.
Als Folge dieser Politik, verlassen Menschen wegen Krieg, Umweltkatastrophen, Armut und Perspektivlosigkeit ihre Länder. Die meisten fliehen in Länder in der gleichen Region (z.b. Westafrika oder Nordafrika, Mittlerer Osten) ein geringer Prozentsatz flieht nach Europa. Doch wer nach Europa fliehen will, muss feststellen, dass die EU die Grenzen mit allen Mitteln – auch militärisch und mit völkerrechtswidrigen Pushbacks (Abschiebungen auf dem Meer oder Land ohne Asylverfahren) abschottet. Mittlerweile sind im Mittelmeer in den letzten 20 Jahren mehr als 70 000 Menschen auf der Flucht ertrunken.
Fachkräfteanwerbung – eine Form der modernen Sklaverei
Wenn jedoch Fachkräfte gebraucht werden, werden diese nach Deutschland gelockt oder gebracht. Im Grunde handelt es sich um eine moderne Form der Sklaverei, durch diese Fachkräfte in Unternehmen in Deutschland für Jahre ausgebeutet werden und in ihrer Heimat zum Aufbau oder Erhalt einer funktionierenden Gesellschaft fehlen. Dafür werden derzeit immer weitere gesetzliche Grundlagen geschaffen, anstatt gute Grundlagen zu entwickeln oder zu erhalten, damit dass das deutsche Kapital die Menschen, die hier leben, ausbildet. Nach der Ausbeutung von Rohstoffen und der Ausplünderung ganzer Regionen, werden jetzt die ausgebildeten Menschen „geklaut“ und in Europa als Humankapital benutzt.
Geflüchtete und Migrant_innen als Sündenböcke – bewusste und bösartige Spaltung der Gesellschaft
Die Debatte um Flüchtlinge und Migration wird momentan benutzt, um davon abzulenken, dass das Kapital seit Jahren in einer Krise steckt. Die Finanzkrise 2008 und 2009 ist noch nicht überwunden und weitete sich 2018/2019 zu einer Weltwirtschaftskrise aus. Die Coronamaßnahmen, der Ukrainekrieg und jetzt der Konflikt in Israel-Palästina wurden und werden auch genutzt, um von der Krise abzulenken und die Stimmung und Meinung in Richtung einer immer tiefer greifenden gesellschaftlichen Spaltung zu beeinflussen. Seit Jahren wird seitens der Politik und von Teilen der Medien bewusst eine Stimmung geschürt, in der Tatsachen verdreht dargestellt werden, um von der eigenen Verantwortung abzulenken. Seit einigen Jahren berichten die bürgerlichen Medien weitgehend kritiklos im Sinne der Herrschenden. Die Netzwerke und Personalüberschneidungen zwischen Medien, Lobby und Politik wurden mittlerweile unter anderem in der ZDF-Sendung „Die Anstalt“ und durch mehrere renommierte investigative Journalist_innen offengelegt.
In diesem Rahmen wird unter anderem versucht Arbeitslose gegen Geflüchtete und Deutsche gegen Migrant_innen auszuspielen, um die Krise so gut wie möglich zu verstecken oder zu managen. Diskussionen über die Situation und die Motivation von Geflüchteten werden bewusst auch mit Lügen genährt, damit die Mehrheit der Gesellschaft sie für verantwortlich für die Inflation und die Krise hält. Wenn gesagt wird, dass bei Zahnärzten die Deutschen länger warten müssten, weil angeblich Geflüchtete bevorzugt werden oder das Geflüchtete Sozialhilfe beziehen und dadurch Deutsche keine Sozialhilfe bekämen oder die Geflüchteten Kinder nicht gut genug Deutsch sprächen, ist das natürlich immer Unfug. In ländlichen Regionen und nicht-privilegierten Stadtteilen gibt es zu wenige Zahnärzte, weil die Bedingungen dort zu praktizieren zu schlecht sind, die Sozialhilfe ist zu niedrig weil das politisch so gewollt ist und Geflüchtete Kinder lernen sehr schnell Deutsch, wenn sie die Möglichkeit haben zur Schule oder in den Kindergarten zu gehen und dort gefördert werden.
Es ist nachgewiesen, dass Politiker der CDU (wie z.b. Friedrich Merz) regelrecht lügen, um Stimmung gegen Geflüchtete zu machen. Sie könnten auch darüber sprechen, dass wir seit Jahren einen Ärztemangel haben. Die Realität ist, dass Geflüchtete oftmals mit Ausnahme von Notfall-Medizin gar kein Anspruch auf gesundheitliche Versorgung haben. Wer sich mit dem Asylbewerberleistungsgesetz befasst, wird feststellen, dass dieses nicht einmal die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen deckt und dass viele Geflüchtete und Migrant_innen faktisch unter der Armutsgrenze leben müssen. In der frühkindlichen Bildung und in der Kita sowie den Schulen fehlen insgesamt vernünftige Rahmenbedingungen. Der Mangel an Erzieher_innen und Lehrer_innen ist bundesweit ein Problem, das Bildungssystem befindet sich in einem miserablen Zustand. Diese realen Probleme den Menschen oder Kindern mit Migrationshintergrund in die Schuhe zu schieben, ist ein bewusster und bösartiger Versuch die Gesellschaft zu spalten.
Neues Gesetz für noch willkürlichere Abschiebungen
Vor diesem Hintergrund verabschiedete das Kabinett letzte Woche einen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung“, auf dessen Grundlage „Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen“ sollen. Faeser erklärte, dass „irreguläre Migration begrenzt werden muss, um das Grundrecht auf Asyl zu schützen“. Das ist natürlich ziemlicher Unfug, das Recht auf Asyl wird durch die Genfer Konventionen garantiert und durch mittlerweile zahlreiche Gesetze auf Bundesebene immer weiter ausgehebelt. Fluchtursachen sind Kriege, Kolonialismus und Naturzerstörung.
Mit dem Kabinettsentwurf wird ein „Bündel restriktiver Maßnahmen für mehr und schnellere Rückführungen“ geschnürt. Dazu gehört unter anderem die erweiterte Durchsuchung von Gemeinschaftsunterkünften sowie von Wohnungen zur Identitätsklärung, die Verlängerung der Abschiebehaft von bisher 10 auf 28 Tage und die Abholung von Ausreisepflichtigen auch bei Nacht. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen künftig als eigenständiger Grund für Abschiebehaft gewertet werden.
Auch die Abschiebung durch Polizeibehörden von ohne jegliche Kriterien als sogenannte Gefährder_innen eingestuften Personen soll erleichtert werden. Der Gesetzesentwurf sieht Abschiebungen „unabhängig von strafgerichtlichen Verurteilungen“, die auf der Grundlage von „hinreichenden Tatsachen, die eine Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung belegen“ vor. Welche Tatsachen damit gemeint sind, wird nicht genannt. Der gesamte Entwurf öffnet der Willkür bei Abschiebungen Tür und Tor und ist menschenrechtswidrig und menschenverachtend.
Hardliner wie Friedrich Merz und Jens Spahn (beide CDU) heizen die Stimmung trotzdem erneut noch weiter an und bezeichneten zum Beispiel „irreguläre Migration“ als das Problem, an dem das Gesetz nichts ändern werde. Die „Sicherung der EU-Außengrenzen“, sei wichtiger, um Flüchtenden zu zeigen, dass sie keine Chance in Europa hätten. Schon die schwerwiegenden Eingriffe in Grundrechte ohne jede Verhältnismäßigkeit im Kabinettsentwurf sind zynisch. Die Beiträge der CDU Hardliner sind dagegen noch menschenverachtender, völkerrechts- und menschenrechtswidrig und zum Teil offen rassistisch.
Für die Wirtschaftskrise, die steigende Inflation, die steigenden Lebenshaltungshaltungskosten und das Ausgeben der finanziellen Mittel, die eigentlich für das Sozialsystem und die Bildung gebraucht würden, für Kriegskosten und Aufrüstung, sollen nun, wie beschrieben, erneut die Geflüchteten als Schuldige herhalten. Wer so handelt und argumentiert, darf sich nicht wundern, wenn rechtsextreme und neofaschistische Kräfte immer stärker und Salonfähig werden.
Auch mit den Plänen Menschen in Lager außerhalb Deutschlands (innerhalb der BRD wird diese Praxis seit den 80er Jahren angewandt) und außerhalb der EU-Grenzen zu stecken wird ein nächster Schritt gegangen. Das Ziel dort rechtsförmige Verfahren durchführen zu können, muss scheitern, denn die Praxis ist verfassungswidrig. In welchem Rahmen, mit welchem Personal, mit welchen Rechtsgarantien sollten denn in diesen Lagern die Verfahren gegen Personen, deren Fluchtziel die BRD oder EU- Länder sind ohne die Verletzung von Freizügigkeitsrechten durchgeführt werden – noch dazu wenn diese Menschen mit militärischer Gewalt vom Betreten unseres Rechtsraums abgehalten werden. Auf diese Weise wird der Tendenz nach das grundlegende Verfassungsrecht auf rechtliches Gehör missachtet, denn diese Praxis bedeutet einen Entzug des gesetzlichen Richters. Die genannten Verfassungsprinzipien gehören zu den allerwichtigsten Fundamenten gegen einen Willkürstaat. Wer solche Verfahren ernsthaft andenkt und zur Durchführung bringen will, verläßt die Grundfesten des Grundgesetzes der BRD und die wesentlichen Grundlagen der europäischen Konventionen. Sofern eine Mehrheitsmeinung dies gutheißen oder hinnehmen wird, sind die Anfänge zu einem Unrechtsregime gemacht, das in Zukunft nicht nur Flüchtlinge betreffen wir.
Statt der militärischen Abschottung der EU Grenzen und dem Aushebeln der Genfer Flüchtlingskonvention, sollten alle Menschen mit Lebensmittelpunkt in Deutschland einen Status und Arbeitsrecht, sowie eine ausreichende Gesundheitsversorgung erhalten. Die Fluchtursachen kann man am besten durch die Beendigung der Kolonialpolitik, die Gestaltung von Handelsbeziehungen auf Augenhöhe, ernsthaften Klimaschutz und den sofortigen Stopp aller Kriege überwinden. Davon sind sowohl die Bundesregierung als auch die CDU mit ihrer profitorientierten Politik allerdings meilenweit entfernt.